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Der Schnee ist ihr Element. Ich lernte Eveline Bhend im Studium an der Universität Bern kennen und nahm sie als sportliche Allrounderin wahr, welche in allen praktischen Sportveranstaltungen glänzte. Wir hätten dazumal wohl beide nicht gedacht, dass sie über zehn Jahre nach Studiumsbeginn an ihren ersten Olympischen Spielen 2014 in Sotschi (Russland) als Freeskierin teilnehmen wird. Entschied sich Eveline doch erst nach dem Studium für den Leistungssport. Und mit dem 9. Rang hat sie dort eine tolle Leistung gezeigt – auch wenn sie selber eine Medaille wollte. Dieses Ziel rückte aber mit der angebrochenen Rippe in die Ferne.

Im Dezember 2014 kam ihr Sohn Lino acht Wochen zu früh auf die Welt. Ich habe mit Eveline ausgiebig über ihre sportliche Aktivitäten während der Schwangerschaft und jetzt als Familie sowie über die Frühgeburt und die damit verbundenen Herausforderungen gesprochen. Ich danke dir, Ebu, herzlich deine offenen Antworten auf meine Fragen.

Du bist vor der Schwangerschaft vom Spitzensport zurückgetreten; war die Familienplanung ein Grund?

Vor den Olympischen Spielen in Sotschi habe ich zwei Mal pro Tag trainiert und es war alles auf den Sport und die Spiele ausgerichtet. Zudem kämpfte ich mit Knieproblemen: Drei Monate vor den Spielen musste ich den Meniskus erneut operieren. An den Spielen selber habe ich zudem meine Rippen gebrochen. Ich war körperlich müde und brauchte eine Pause. 

Während dieser Pause habe ich mich mit meiner Zukunft auseinander gesetzt und mich für meinen Rücktritt vom Spitzensport entschieden, da für mich der Zeitpunk richtig war und ich in meinem Herzen spürte, dass ich bereit für etwas Neues bin. Vernünftigerweise hätte ich vor der konkreten Familienplanung in der Arbeitswelt Fuss fassen sollen, habe ich doch nur immer temporär gearbeitet nach dem Studium. Aber es gibt wohl sowieso nie der richtige Zeitpunkt und mein Gefühl war ein anderes. So bin ich schwanger aus unserer Asienreise – unsere nachgeholten Flitterwochen – zurück gekommen. 

Sport und Schwangerschaft als ehemalige Freeskierin

Wie hat sich dein Trainingsumfang während den drei Trimestern im Vergleich zum Umfang vor der Schwangerschaft verändert?

Nach meinem Rücktritt hatte ich bereits keinen fixen Trainingsplan mehr und war deshalb sehr flexibel. Pro Woche bin ich meistens so auf vier bis fünf Sporteinheiten gekommen, die ich dann auch während der Schwangerschaft beibehalten habe. 

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Das war eine typische Sportwoche während der Schwangerschaft.

Mit welcher Intensität hast du während den verschiedenen Trimestern noch trainiert?

Grundsätzlich habe ich im Grundlagenbereich trainiert. Die Schwangerschaft hat mir zu einem neuen Trainingsgefühl verholfen und war für mich ein Lernprozess. Früher hatte ich meine Trainingseinheiten immer durchgezogen, egal wie anstrengend das Training oder wie müde ich war. Wahrend der Schwangerschaft habe ich aber auch Mal aufgehört, wenn das Training noch nicht fertig war. 

Wie hat sich der Inhalt deiner sportlichen Aktivitäten grundsätzlich in deiner Schwangerschaft verändert?

Das Lauftraining habe ich bereits ab der achten Schwangerschaftswoche durch Nordic Walking ersetzt, weil sich das Laufen nicht mehr gut anfühlte. Später, als ich Probleme mit Blutungen hatte, hat mein Frauenarzt mir definitiv vom Joggen abgeraten, mein Osteopath hätte es jedoch befürwortet. 

Pro Woche bin ich zwei bis drei Mal geschwommen. Mit Pilates habe ich zudem während der Schwangerschaft angefangen und konnte relativ lange ein normales Bauchmuskeltraining machen. Im Kraftraum war ich auch während der Schwangerschaft oft. Der Inhalt hatte sich aber deutlich geändert: Als Leistungssportlerin kam die Olympiahantel oft zum Einsatz, während der Schwangerschaft setzte ich hauptsächlich auf Übungen mit meinem Eigengewicht (mögliche Schwangerschaftsworkouts). Im Gegensatz zum Lauftraining gab mir das Krafttraining ein gutes Körpergefühl und ich fühlte mich gestärkt.

Ständige Sorge um das Baby

Hast du während den Schwangerschaft mehr Erholung benötigt? Wie hat sich das bei dir bemerkbar gemacht? 

Vor allem das lange Stehen bei der Arbeit war für mich sehr anstrengend. Es gab eine Phase, um die 20. Schwangerschaftswoche, da sprühte ich vor Energie und habe dies auch voll ausgekostet und genossen.

Hast du dir jemals Sorgen gemacht, dass die sportliche Aktivität dem Baby im Bauch schaden könnte? 

Die Angst war mein ständiger Begleiter während der Schwangerschaft. Durch die Blutungen hatte ich ständig das Gefühl, dass etwas passiert und ich das Baby verliere. Zudem musste ich mir dann auch von diversen Personen anhören, dass ich zu viel mache. Die Blutungen standen jedoch nicht im Zusammenhang mit meinen sportlichen Tätigkeiten. Ich habe immer mit meinem Arzt Rücksprache genommen und die Gesundheit des Babys sowie meine hatten erste Priorität. 

Und dann kam euer Sohn Lino in der 31. Schwangerschaftswoche zur Welt.

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Ja, auf diese Situation waren wir nicht vorbereitet und am Wochenende danach wäre ein Hypnobirthing Kurs geplant gewesen. Die Geburt verlief sehr schnell und komplikationslos. Aber die erste Zeit nach der Geburt war schwierig und auch sehr anstrengend. Die Angst, es könnte etwas nicht gut sein, war mein ständiger Begleiter: Ich war rund um die Uhr in Sorge. 

Da rückt wohl das Thema Rückbildung und Sport erstmals in den Hintergrund?

Definitiv. Die ersten Wochen waren vor allem auch eine Organisation. Zuerst pendelte ich täglich morgens über eine Stunde ins Kinderspital und am Abend wieder zurück, was zerrte. Da realisierte ich sehr bald, dass dies längerfristig nicht möglich ist: Das war psychisch einfach nicht tragbar. Dann zog ich in ein Ronald MCDonald Haus neben dem Kinderspital, um jederzeit bei meinem Baby zu sein. 

Lino hat sich zum Glück prächtig entwickelt und so durften wir das Spital nach vier Wochen, geplant wären acht Wochen gewesen,  bereits verlassen und Weihnachten alle zusammen zu Hause verbringen. Das wohl schönste Geschenk! 

Freeskier Eveline Bhend und Nils Lauper mit Baby Lino  ©by Adrian Bretscher/SI

Freeskier Eveline Bhend und Nils Lauper mit Baby Lino ©by Adrian Bretscher/SI

Gibt es etwas, was du heute anders machen würdest bezüglich Sport und Schwangerschaft? 

Nein, absolut nicht!

Sport nach der Geburt

Wie sah dein Sportprogramm nach der Geburt aus? Worauf muss Frau besonders achten?

Ich habe mit Übungen für die Beckenbodenmuskulatur angefangen, bevor ich mich anders sportlich betätigt habe. Die Übungen habe ich nebenher ausgeführt, ohne in einen spezifischen Rückbildungskurs zu gehen. Irgendwann bin ich dann auch wieder geschwommen (ungefähr zwei Monate nach der Geburt) und gelaufen (ungefähr vier Monate nach der Geburt). Auf dem Trampolin war ich sechs Monate nach der Geburt wieder und es hat gut geklappt. Mit dem Beckenboden hatte ich nie Probleme. 

Bei mir selber habe ich gemerkt, dass das Stillen so um die acht Monate nach der Geburt zerrte – es brauchte viel Energie und ich verlor viel an Gewicht. Ich wollte aber nicht Abstillen und habe daher besonders darauf geachtet, dass ich genügend und ausgewogen esse. Ich stille noch heute – für mich ist das Stillen etwas ganz Spezielles zwischen Lino und mir und es ist schön zu wissen, dass ich ihm so etwas Gutes tun kann. Lino wird mir selber zeigen, wann er nicht mehr von der Brust trinken will.

Wie sportlich aktiv bist du als Mami? Wie organisierst du dich? 

Ich mache haupsächlich Ausdauer- und Krafttraining und nehme Lino ab und zu mit auf eine Laufrunde im Kinderwagen. Als Familie gehen wir oft gemeinsam wandern und natürlich auch Ski fahren, wobei wir uns jeweils abwechseln. Generell hat für uns die Bewegung draussen in der Natur immer noch einen sehr wichtigen Stellenwert. 

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Naturerlebnisse als Familie

Was gibst du deinem Sohn Lino sportlich mit auf den Weg?

Wir leben ihm den Sport vor und nehmen ihn mit zu unseren Aktivitäten. Momentan hat er noch keine Wahl. Später möchte ich herausfinden, was Lino will und wo sein Talent liegt. Und ihn dann natürlich auch entsprechend unterstützen. 

Welchen persönlichen Tipp gibst du werdenden Müttern und Mamis im Zusammenhang mit Sport während und nach der Schwangerschaft?

Lehrt auf euer Bauchgefühl zu hören. 

Eveline bietet heute zusammen mit ihrem Mann Nils Lauper, ebenfalls ehemaliger Freeskiprofi, Mentaltraining für Sportler an: ENvision-coaching

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