Bild: Reinhards Fotostudio
Sie ist 23-fache OL-Weltmeisterin, Sportlerin des Jahres 2003, 2005 und 2007 sowie dreifache Mama: Simone Niggli-Luder. Während ihrer Karriere als Spitzensportlerin wurde sie 2008 Mutter einer Tochter (Malin) und 2011 Mutter von Zwillingen (Anja&Lars). Um nach den Geburten wieder auf höchstem Niveau mitzumischen, was ihr auch erfolgreich gelang, war Simone Niggli-Luder auch während den Schwangerschaften sportlich aktiv.
Wie Simone Niggli-Luder als Spitzensportlerin während den Schwangerschaften trainiert hat und auf was sie besonders geachtet hat, beantwortet sie im Interview mit sportymum. Vielen herzlichen Dank, Simone, für die interessanten und ehrlichen Antworten.
Was waren deine allerersten Reaktionen auf deine Schwangerschaften im Zusammenhang mit deinem Sport (OL) und deiner Karriere?
Ich war sehr glücklich, da der Wunsch nach Familie gross war. Ich war mir bewusst, dass es schwieriger sein würde, Familie und OL-Karriere unter einen Hut zu bringen, aber in diesem Moment stand der Kinderwunsch klar im Vordergrund. Wie es mit dem Sport weitergehen würde, war mir in diesem Augenblick noch nicht ganz klar.
Wie hat sich dein Trainingsumfang während den drei Trimestern im Vergleich zum Umfang vor den Schwangerschaften verändert?
Ich hatte glücklicherweise zwei sehr gute Schwangerschaften, so dass ich immer recht viel Sport treiben konnte. In den ersten beiden Trimestern konnte ich täglich etwas „trainieren“, im letzten Trimester war es dann definitiv nur noch nach Lust und Laune und ich habe auf meinen Körper gehört. Aber auch da gehörte tägliche Bewegung zu meinem Tagesablauf, es konnte aber gut auch nur ein längerer Spaziergang sein.
Mit welcher Intensität hast du während den verschiedenen Trimestern noch trainiert?
Ich habe von Beginn weg die hochintensiven Trainings ausgelassen. Ich bin bewusst mit einem Pulsgurt gerannt, damit ich meine Herzfrequenz überprüfen konnte. Am Anfang bin ich auch noch OL-Wettkämpfe gerannt, allerdings auch dort nicht mit dem Leistungsgedanken und mit einem klaren Herzfrequenz-Maximum.
Wie lange bist du noch Wettkämpfe gelaufen und wie sind deine Resultate ausgefallen?
Ich habe noch recht lange Wettkämpfe bestritten und in der ersten Hälfte der Schwangerschaft konnte ich das Niveau noch hoch halten. Extreme Spitzenleistungen wollte ich aber nicht mehr leisten und den Wettkampf absolvierte ich vor allem aus Freude und nicht mit einem Resultat oder Ziel im Hinterkopf.
Wie hat sich der Inhalt deiner sportlichen Aktivitäten grundsätzlich in deinen Schwangerschaften verändert? Wie lange konntest du jeweils laufen?
In der ersten Schwangerschaft konnte ich bis zuletzt noch laufen. Ich habe aber auch viele andere alternative Sportarten ausgeübt wie Schwimmen, Aqua Joggen, Cycling, Body Forming oder Wandern. In der Schwangerschaft mit den Zwillingen bin ich in den letzten Monaten nicht mehr gerannt.
Wie sah eine typische Sportwoche während den Schwangerschaften bei dir aus? Frühschwangerschaft? Spätschwangerschaft?
Wie gesagt, habe ich mich immer noch täglich bewegt. Der Umfang und die Intensität nahm natürlicherweise mit der Zeit ab und das „Training“ war vor allem da, um meinen Bewegungsdrang zu stillen und auch eine gewisse Ausdauer-Fitness zu behalten.
Hast du während den Schwangerschaften mehr Erholung benötigt? Wie hat sich das bei dir bemerkbar gemacht?
Ich war deutlich müder als sonst, gerade am Anfang und am Ende der Schwangerschaft. So habe ich dann auch versucht, regelmässig nach dem Mittag eine Pause einzulegen, wo ich mich kurz hingelegt habe. Bei der zweiten Schwangerschaft war die Erholung etwas schwieriger, da wir ja schon eine Tochter hatten.
Hast du dir jemals Sorgen gemacht, dass die sportliche Aktivität den Babys im Bauch schaden könnte?
Ich habe viel darüber gelesen und mich auch mit anderen Sportlerinnen ausgetauscht. So habe ich für mich festgelegt, hinter was ich voll und ganz stehen kann, ohne dass ich Bedenken für die Babies haben muss. Ich habe auch bewusster auf meinen Körper gehört, um die Signale zu hören und darauf reagieren zu können.
Hast du das Gefühl, dass Sport generell einen Einfluss (positiv/negativ) auf die Schwangerschaft und die Geburt hat?
Für mich hatte der Sport einen positiven Einfluss und ich kann mir vorstellen, dass das für viele andere Frauen auch so ist. Wenn man vorher sportlich war, wäre es wie einen „Schock“ für den Körper, wenn man plötzlich voll damit aufhören würde. Wie man ja so schön sagt: Man ist nicht krank, sondern schwanger! So trainierte ich moderat weiter und ich bin sicher, dass mir das auch die Fitness für die Geburt erhalten hat.
Wie sah dein Sportprogramm nach den Geburten aus? Worauf muss Frau besonders achten?
Nach der ersten Geburt bin ich ziemlich schnell und (zu) steil ins Training eingestiegen. Das lief am Anfang sehr gut, doch nach drei Monaten hatte ich einen Ermüdungsbruch im Schambein. Nach der zweiten Schwangerschaft habe ich mir mehr Zeit für den Aufbau genommen. In den ersten vier Wochen habe ich die Stabilität durch gezieltes Kraft-Training aufgebaut, damit ich dann wieder rennen konnte. Ausdauer-Training wie Radfahren und Nordic Walking habe ich schon früher wieder aufgenommen.
Ich denke, es ist wichtig, dass man sich wirklich etwas Zeit nimmt, auch wenn der Drang nach Sport sehr gross ist. Aber es lohnt sich, dem Aufbau Beachtung zu schenken, so dass man keine Überbelastung einfängt.
Was mich selber erstaunt hat: ein halbes Jahr nach den Zwillingen lief ich meinen besten Laufband-Test ever… das zeigt doch, dass Spitzenleistungen nach Schwangerschaften möglich sind, wenn man bedacht trainiert.
Gibt es etwas, was du heute anders machen würdest bezüglich Sport und Schwangerschaft?
Die Lehren nach der ersten Geburt hatte ich schon gezogen und erfolgreich im zweiten Trainingsaufbau eingebaut. Ansonsten würde ich nichts ändern. Allerdings ist es natürlich so, dass jede Schwangerschaft wieder anders verläuft und man so immer flexibel bleiben muss und auf den Körper hören sollte.
Welchen Tipp gibst du werdenden Müttern im Zusammenhang mit Sport während der Schwangerschaft?
Bleibt weiterhin aktiv und geniesst in gesundem Masse den Sport!