Darf ich noch laufen? Wie intensiv darf es sein? Wie oft? Wettkämpfe, ja oder nein? – diese und ähnliche Fragen tippte ich als ambitionierte Läuferin und Triathletin nach meinem positiven Schwangerschaftstest bei Dr. Google ein. Meine Suchergebnisse stifteten mehr Verwirrung statt Klärung. Wie sehr hätte ich mir dazumal ein Gespräch mit einer Spitzensportlerin wie Nicola Spirig gewünscht; eine, die eindrucksvoll vorgelebt hat, dass Frau auch schwanger trainieren und als Mami sportliche Ziele verfolgen kann. Wenn auch meine persönlichen Ambitionen in einem weitaus kleineren Rahmen ausfallen, eine Inspiration ist Nicola Spirig’s Weg allemal.
Und sie, die Olympiasiegerin im Triathlon, hat mir die Fragen rund um Sport während und nach der Schwangerschaft beantwortet – vielen herzlichen Dank für den Einblick, welchen ★sportymum hier gerne mit euch in einer zweiteiligen Interviewserie teilt. Im ersten Teil des Interviews beantwortet Nicola Spirig Fragen rund um Sport während der Schwangerschaft; im zweiten Teil stehen ihre sportlichen Aktivitäten nach der Geburt sowie ihre Rolle als Spitzensportlerin und Mami im Zentrum.
Nicola Spirig ist Mami des dreijährigen Yannis Elia, Triathletin sowie Leichtathletin. Nebst ihrem grössten Erfolg, dem Olympiasieg 2012 im Triathlon in London über die olympische Distanz, hat sie fünfmal an Triathlon Europameisterschaften gewonnen und sechs Weltcupsiege zu verzeichnen. Ebenso erfolgreich ist sie als Leichtathletin: diverse nationale Titel sowie einen Start an den Europameisterschaften 2014 in Zürich (ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes). Letztes Wochenende hat sie ihre persönliche Bestzeit über 3000m (9:07,49) realisiert (mehr hier) und schon bald geht es an die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro.
Nicola Spirig ist ein sehr gutes Beispiel, dass sich (Spitzen-)Sport, Schwangerschaft und „Mamisein“ vereinbaren lassen.
Was war Ihre allererste Reaktion auf die Schwangerschaft im Zusammenhang mit dem Sport und Ihrer Karriere?
Ich wurde nach den Olympischen Spielen in London schwanger. Mein Mann und ich hatten uns nach diesem Punkt eine Familie gewünscht und waren extrem glücklich über die Nachricht! Ich hatte mir schon vor der Schwangerschaft überlegt, was eine solche für den Sport bedeuten könnte. Ich denke, als Athletin kann man nicht wissen, wie Schwangerschaft und Geburt sowie die neue Situation danach sich auf den Sport und die Karriere auswirken. Aus diesem Grund haben wir einen Zeitpunkt für die Familienplanung gewählt, an dem ich ohne Bedenken meine Karriere hätte beenden können. Für mich war klar, dass die Familie von nun an Priorität haben würde und ich es einfach auf mich zukommen lassen musste, ob die neue Situation mit meinem Sport zu vereinbaren war oder nicht, mental und physisch.
Wie hat sich Ihr Trainingsumfang während den drei Trimestern im Vergleich zum Umfang vor der Schwangerschaft verändert?
Ich habe mich immer noch sehr viel bewegt, meistens zweimal pro Tag. Vor der Schwangerschaft waren es drei Trainings pro Tag, meistens sehr intensive. Während der Schwangerschaft achtete ich darauf, keinen zu hohen Puls zu haben, also nur noch im Ausdauerbereich zu trainieren.
Mit welcher Intensität haben Sie während den verschiedenen Trimestern noch trainiert?
Wie gesagt, ich habe darauf geachtet, nur noch im Ausdauerbereich zu trainieren. Wenn ich Sauerstoffmangel gehabt hätte, dann hätte das Baby ev. auch zu wenig Sauerstoff gehabt. Aus diesem Grund habe ich die intensiven Trainings von Anfang an weg gelassen.
Haben Sie während der Schwangerschaft noch an Wettkämpfen teilgenommen und falls ja, wie sind Ihre Resultate ausgefallen?
Nein, ich habe mich entschieden, während der ganzen Schwangerschaft keine Wettkämpfe zu bestreiten, um keine Risiken einzugehen.
Wie hat sich der Inhalt Ihrer sportlichen Aktivitäten grundsätzlich in der Schwangerschaft verändert? Wie lange konnten Sie laufen und radfahren?
Ich habe mich bei anderen Spitzenathletinnen erkundigt, wie sie während der Schwangerschaft trainiert haben und mir von ihnen Tipps und Erfahrungswerte geben lassen (Simone Niggli-Luder, Magali Messmer, Sibylle Matter). Ebenfalls fragte ich gewisse Sportärzte und Frauenärzte.
Für mich waren drei Regeln wichtig:
- Nur noch im Ausdauerbereich trainieren, kein Sauerstoffmangel.
- Nur noch auf der Rolle radfahren, um das Unfall-Risiko auszuschliessen.
- Nur noch locker laufen, um die Schläge minim zu halten.
Wie sah eine typische Sportwoche während der Schwangerschaft bei Ihnen aus? Frühschwangerschaft? Spätschwangerschaft?
Ich habe die ganze Schwangerschaft hindurch oft zweimal pro Tag trainiert, da ich glücklicherweise keine Probleme hatte. Mir haben sämtliche Ärzte und Hebammen bestätigt, dass Sport in der Schwangerschaft kein Risiko, sondern im Gegenteil sowohl für Kind wie auch für die Mutter sehr vorteilhaft ist, solange man sich dabei wohl fühlt. Besonders das Schwimmen wird für Schwangere sehr empfohlen. Dies ist ja eine meiner drei Sportarten im Triathlon, und so bin ich bis am Schluss viel geschwommen.
Haben Sie während der Schwangerschaft mehr Erholung benötigt? Wie hat sich das bei Ihnen bemerkbar gemacht?
Ich war die ersten drei Monate sehr müde, brauchte viel Schlaf! Danach fühlte ich mich eigentlich nicht viel anders als sonst, habe natürlich aber auch viel weniger intensiv trainiert.
Haben Sie sich jemals Sorgen gemacht, dass die sportliche Aktivität dem Baby im Bauch schaden könnte?
Wie oben erwähnt habe ich mich strikt an die drei Regeln gehalten, nicht intensiv zu trainieren, nicht draussen Rad zu fahren und beim Laufen auf die Schläge zu achten. Zusätzlich versuchte ich immer, auf meinen Körper zu hören und nur zu trainieren, wenn ich mich dabei wohl fühlte und ich eben keine Sorgen um das Kind hatte. Ich bin überzeugt, dass Sport sehr gut für Schwangere und Baby ist, so lange man keine Probleme in der Schwangerschaft hat!
Haben Sie das Gefühl, dass Sport generell einen Einfluss (positiv/negativ) auf die Schwangerschaft und die Geburt hat?
Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Ich fühlte mich viel besser während der Schwangerschaft, hatte nie Wassereinlagerungen oder dergleichen. Die Geburt verlief schnell und unkompliziert. Das hat sicher nicht nur mit dem Sport zu tun, ich denke aber, dieser hatte bei mir eher einen positiven Einfluss, ganz bestimmt auf meine Psyche!
Nächste Woche: Nicola Spirig im Interview mit ★sportymum – Teil 2 (Sport nach der Geburt)
Fragen: Stefanie Meyer www.sportymum.net